Programm für demokratisches Handeln und gegen Extremismus

Interview: Was macht eigentlich ein Berater?

Wenn das Brett vorm Kopf nicht mehr verschwinden will und Diskussionen sich nur noch im Kreis drehen, hilft manchmal nur noch eins: Hilfe von außen. Externe Beratung kann auch Verbänden und Vereinen neue Perspektiven eröffnen. Daher fördert auch das Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ seit Anfang des Jahres externe Supervision. In der Liveberatung stand Dr. Wolfgang Looss interessierten Teilnehmenden Rede und Antwort. Von einem gesunden Maß an Geduld, zahlreichen Hotelnächten und der Arbeit abseits vom Büroalltag – kurz: seinen Erfahrungen als Berater – berichtete er uns im Interview.

Wolfgang Looss
Wolfgang Looss (© Peter van Heesen)


Herr Looss, Sie haben gerade in der Sitzung die Frage gestellt, wie es den Menschen emotional geht. Wie geht es Ihnen denn nach dieser ersten Session?

Wolfgang Looss: Ich bin ganz zufrieden, dass das so nett gelaufen ist. Das ist ja schwierig in so einer Runde von Leuten, die sich überhaupt nicht kennen. Aber die haben mitgemacht. Und es war möglich, ein bisschen was aufzuzeigen. Also ich bin zufrieden.

Und war das jetzt eine „normale“ Beratungssituation für Sie?

Nein, das war eine Beratungssituation unter Zeugen, mit supervisorisch wenig erfahrenen Menschen, die sich überhaupt nicht kennen. Von daher war das durchaus anspruchsvoll.

Mit welchen Problemen kamen denn die Leute heute auf Sie zu?

Das waren kleine Alltagsprobleme aus deren Arbeit, die sie erst einmal so konfigurieren, wie sie es gewohnt sind – mit Fragen wie: „Was soll ich denn da machen?“ oder „Wie geht denn das?“ Und es war erst einmal wichtig, das „auszuwickeln“, wie ich das nenne.

Wie haben Sie das gemacht?

Durch viel Fragen. Und ich habe die Gruppe gebeten, mitzumachen. Und das haben auch alle schön gemacht. Da waren auch ein paar Erfahrene drin, die haben dann auch Fragen gestellt oder auch mal ein paar eigene Erfahrungen geteilt, sodass es Ermunterung gab, die eigene Geschichte zu erzählen.

Was glauben Sie, was den Leuten das gebracht hat?

Zumindest hoffentlich vielleicht ein Stück Nachdenklichkeit und ein Interesse daran, dass diese Form des Vorgehens, diese Form des Sprachspiels, wie das ja so schön heißt, doch vielleicht ganz aussichtsreich ist, um sich damit näher zu beschäftigen.

Welchen Anspruch stellen Sie denn sonst an Ihre Arbeit?

Nützlich zu sein – das ist der ganze Anspruch, dass es den Leuten was bringt, dass die an den Stellen, wo sie ins Stocken geraten, weiterkommen.

Und haben Sie das heute für sich erreicht?


Ja, es waren keine Durchbrüche, überhaupt nicht. Sondern eher in dem Sinne von Anregungen. Das ist schon passiert.

Ich habe gar keine richtige Vorstellung, wie für Sie der Arbeitsalltag aussieht. Gibt es für Sie den ganz normalen Büroalltag?

Nein, Büroalltag gibt es zu wenig. Da bleibt auch manchmal was liegen. Ich verbringe 160 Nächte pro Jahr in Hotels. Ich bin viel unterwegs, denn man kann ja die Organisationen nicht transportieren, also muss ich zu den Organisationen fahren, mit denen ich arbeite. Ich fahre irgendwohin, bin dort ganz neu – wie hier – oder bekannt und wir fangen an, zu arbeiten. Entweder ist das durch die Arbeitstradition geklärt; also wenn ich eine Supervisionsgruppe habe, dann komme ich hin, wir kennen uns ein paar Jahre, die bringen ihre Fälle und dann besprechen wir die und abends fahre ich wieder nach Hause. Das ist der Arbeitsalltag. Oder ich komme zu einer Organisation und wir sind in einem Entwicklungs- oder Veranstaltungsprojekt. Das wird besprochen und es wird was ausprobiert. Das ist Arbeit mit Klienten.

Über was für einen Zeitraum reden wir da normalerweise?

Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Einzelberatungen; die sind in sechs Sitzungen erledigt. Und es gibt große Projekte, die ein zwei Jahre unterwegs sind.

Es soll ja auch solche geben, die beratungsresistent sind...

Ja.

Was machen Sie, damit sie nicht die Geduld verlieren?
Also ich bringe viel Geduld mit. Ich habe, was das betrifft, geringe Ansprüche und ich bin relativ klar. Also ich kann dann auch sagen: „Viel Spaß noch, macht noch ein Jahr und dann meldet euch wieder.“ Und sie kommen alle wieder.

Vielen Dank für das Gespräch.

SG