Programm für demokratisches Handeln und gegen Extremismus

Hinaus in die Welt!

Um 10 Uhr heißt es hinaus in die Welt! Im Weltkaffee werden Themen und Probleme noch einmal ganz genau und von verschiedenen Seiten beleuchtet. Nichts ist festgeschrieben, alles geht, wie Moderatorin Miriam Janke am Anfang der Veranstaltung deutlich macht: Während manche Themen schon lange vor der Veranstaltung eingereicht wurden, entstehen andere ganz spontan aus der Veranstaltung heraus, wieder andere fallen nun doch weg, weil sich das Problem in Lauf der „Nah dran“-Tagung nun doch schon geklärt haben. Am Ende steht eine Liste mit ganz unterschiedlichen Problemstellungen.


Ute Seckendorf
Ute Seckendorf


  1. Welche Grenzen hat das ehrenamtliche Engagement in der Bildungsarbeit
  2. Wie kann politische Bildung niederschwellig gestaltet werden?
  3. Wie gelingt es breite und trotzdem handlungsfähige Bündnisse zu schaffen
  4. Wie können Geflüchtete in Vereine und Verbände eingebunden werden?
  5. Wie hilfreich und nachhaltig sollte regionale/lokale Netzwerkarbeit gestaltet sein?
  6. Welche Ergebnisse und Rückschlüsse können gezogen werden? – Evaluation der Beratenden-Ausbildung
  7. Flucht und Asyl – ist der ländliche Raum attraktiv? – Integrationsprobleme im ländlichen Raum
  8. Ist der Dialog über Geschichte ein Format den Zusammenhalt vor Ort zu stärken (zwischen den Generationen)?

Nun haben die Teilnehmenden die Qual der Wahl: Acht Tische, acht Themen. Aber eine Entscheidung muss her. Und so strömen die zahlreichen Teilnehmenden an ihre Tische und dann geht es auch schon los: Mission Weltkaffee beginnt.
Auch wir mussten uns entscheiden und haben drei Thementische gewählt.

An Tisch eins mit dem Thema „Grenzen des Ehrenamts“, werden relativ schnell die Probleme deutlich, mit denen sich die Beraterinnen und Berater auseinandersetzen. Es beginnt schon bei ihrer eigenen Bezeichnung: „Berater“. Diese passe nicht im Ansatz zu den Menschen, die jahrelange Qualifizierungsmaßnahmen hinter sich haben. Weitere Probleme zeigen sich in der Dokumentation: „Wenn ich denen sage, dass wir alles genau dokumentieren müssen, da wollen die meisten sofort wieder gehen“, so einer der am Tisch Sitzenden. Weitere Fragen werden aufgeworfen, von den Problemen können sie alle ein Lied singen. „Und wie mache ich es Leuten attraktiv, ehrenamtlich als Beratende zu arbeiten und dass die Erfolge dann noch nicht mal mehr ihre sind, sondern die des Nehmenden?“
Wichtig sei es, da sind sich alle einig, die Beratenden zu schützen. Das müsse schon in der Ausbildung anfangen: sie müssen früh lernen zu erkennen, was ihnen zu viel wird und Grenzen für sich selbst festzulegen. Doch wie legt man diese Qualitätsstandards am besten fest und was ist dabei realistisch? Am Ende der ersten Runde hinterlassen die Teilnehmenden des Tisches eine Botschaft: „Die Partizipationsarbeit soll weiter gefördert werden, um die Vielfalt vor Ort beizubehalten.“

Zwei Tische weiter geht es um die Frage, wie Geflüchtete in Vereine und Verbände eingebunden werden können. Viele der Anwesenden können hier aus ihrer Erfahrung schöpfen. Zum Beispiel beim Landessportbund Sachsen-Anhalt: Unter den Flüchtlingen seien auch viele gute Spieler, aber die Menschen in den Vereinen seien oft mit ungelösten Fragen konfrontiert, die im Moment noch verhindern, dass sie mitspielen können: Wie sind sie versichert, wer zahlt die Beiträge und wie kommuniziere ich die besondere Situation an die übrigen Spieler? Beim Deutschen Roten Kreuz in Sachsen, einer Institution, die 27 Erstunterkünfte betreut, fungieren Menschen, die selber Fluchterfahrung haben, als Dolmetscher in Seminaren. Denn dort herrsche oft ein Verständnisproblem: „Im Seminar merke ich schon, wir können gar nicht auf die Bedürfnisse eingehen, denn die Hälfte der Sachen verstehen die Menschen nicht. Sie sprechen oft kein Englisch und wir haben keine Materialien in allen Sprachen. Wir müssen viel mehr an der Verständigung abreiten, damit auch Beteiligung ermöglicht werden kann“, sagt eine Mitarbeiterin des DRK in Sachsen. Als Grundproblem kam schließlich auch zur Sprache, dass man sich in Deutschland, bevor man sich einer Thematik widme, oft lieber selbst informiere, anstatt Hilfe von außen zu finden. Dabei gebe es Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus den Wohlfahrtsverbänden, die mit einfachen Mitteln wie Flyern die Zielgruppen erreichen können, worauf man aufbauen könne.

Wir werfen noch mal den Blick in einen anderen Teil des Raumes: Nur ein paar Schritte weiter steht der Tisch von Dorte Schaffrank und Victoria Schwenzer von Camino gGmbH. Die beiden haben fast 500 Beraterinnen und Berater aus dem Bundsprogramm befragt und präsentieren den Interessierten ihre Ergebnisse: Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung war, dass die Menschen sich insgesamt sehr gut oder gut als Erstansprechpartner vorbeireitet fühlen und auch oft in dieser Tätigkeit auftreten. Daraus ziehen die beiden Referentinnen vor allem eine Erkenntnis: „Das Profil des Erstansprechpartners muss noch geschärft und wichtige Kompetenzen vermittelt werden“, so Schwenzer. Auch für ihre Arbeit konnten die beiden wichtige Einsichten mitnehmen: „Wir haben die Befragung ausgewertet, aber für uns ist es ganz wichtig, verschiedene Perspektiven aus der Praxis zu hören“, sagte Schaffrank. Dies unterstreicht ihre Kollegin: Schließlich handele es sich um eine quantitative Befragung. „Es ist immer wichtig quantitative Daten zu kontextualisieren“, sagte Schwenzer.

SG/KD